Zur nächsten Sitzung des Stadtrates bittet die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN im Rat der Stadt Nideggen um folgende Beschlussfassung:
Der Rat der Stadt Nideggen spricht sich gegen die Gesetzesinitiative des Europäischen Parlaments zur „Liberalisierung des Trinkwassermarktes“ aus.
• Er fordert sowohl die Bundesregierung, die Europaabgeordneten wie auch die Europäische Kommission auf, sich für einen Gesetzesvorschlag für das Menschenrecht auf Wasser und sanitäre Grundversorgung entsprechend der Resolution der Vereinten Nationen einzusetzen und eine funktionierende Wasser- und Abwasserwirtschaft als existenzsichernde öffentliche Dienstleistung für alle Menschen zu fördern,
• die Wasserwirtschaft von der Liberalisierungsagenda auszuschließen und aus der EUKonzessionsrichtlinie herauszunehmen.
• Der Rat der Stadt Nideggen spricht sich darüber hinaus grundsätzlich gegen eine Veräußerung der Wasserversorgung in Nideggen an private Dritte aus.
• Der Rat der Stadt Nideggen unterstützt ausdrücklich sowohl die Europäische Bürgerinitiative „Wasser ist ein Menschenrecht“ als auch die Position des Deutschen Städtetags, der sich eindeutig für den Verbleib der Wasserversorgung in öffentlicher Hand ausgesprochen hat.
Begründung:
Wasser ist ein Menschenrecht. Die Wasserversorgung als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge darf nicht zum Spekulationsobjekt global agierender Konzerne werden. Die EU-Kommission will die Privatisierung der Wasserversorgung jetzt erleichtern. Die kommunale Wasserwirtschaft muss jedoch unabhängig von ihrer Rechtsform in
kommunaler Hand bleiben können. Die Planungen der EU gehen auch nach Meinung des Deutschen Städtetags grundlegend in eine falsche Richtung. Denn die kommunale Wasserwirtschaft in Deutschland sichert eine hohe Qualität des Trinkwassers zu bezahlbaren Preisen und investiert nachhaltig in die Infrastruktur. Dies konstatiert der
Deutschen Städtetag in der Sitzung des Hauptausschusses am 06. Februar 2013 und erhebt die Forderung an die Bundesregierung und die EU Kommission, sich gegen die Privatisierung der Wasserversorgung auszusprechen.
Die von der EU-Kommission vorgeschlagene Konzessions-Richtlinie schlägt einen ausschließlich marktwirtschaftlichen Kurs bei der Wasserversorgung ein mit einer Pflicht zur EU-weiten Ausschreibung. Von den neuen Regeln aus Brüssel sollen nur diejenigen Kommunen ausgenommen werden, die ihre Wasserversorgung noch komplett in öffentlicher Hand haben. In der Vergangenheit hatte aber gerade die EU-Kommission die Städte und Kommunen aufgefordert, Private an der Wasserversorgung zu beteiligen. Das haben viele Städte in Deutschland aus finanzieller Not getan. Nun kann genau dies diesen Kommunen zum Verhängnis werden, weil die Möglichkeiten, die Wasserversorgung wieder zu 100 Prozent in öffentliche Hand zu bekommen, begrenzt werden. Faktisch wird mit der Richtlinie in die Organisationshoheit der Städte und Gemeinden eingegriffen und macht die Ausübung der Dienstleistung – wie etwa der Wasserversorgung durch kommunale Unternehmen v.a. der Stadtwerke – unmöglich.
Interkommunale Kooperation (z.B. im Zweckverband) wird in Zukunft so nur noch sehr aufwendig zu organisieren sein, weil künftig nur noch eine echte, nach den Vorstellungen der Kommission arbeitsteilige Zusammenarbeit erlaubt sein soll. D.h. es wird ausgeschlossen, dass eine Kommune eine Leistung gegen Entgelt für eine andere erbringt. Das ist allerdings längst die Regel. Die Vorgabe der Kommission wäre somit völlig praxisfern. Interkommunale Zusammenarbeit ist u.a. ein zentrales Instrument für die Bewältigung des demografischen Wandels. Für die BürgerInnen wird es in jedem Fall teurer, weil viele Kommunen nun notgedrungen aufwendige Umstrukturierungen vornehmen müssen, um nicht europaweit ausschreiben und mit den großen Wasserkonzernen mitbieten zu müssen. Die Erfahrungen z.B. in England zeigen, dass in diesem Falle die Preise steigen und die Wasserqualität leidet, weil private Wasserversorger in erster Linie Gewinne machen müssen. Deshalb soll der Rat der Stadt Nideggen sowohl die Europäische Bürgerinitiative „Wasser ist ein Menschenrecht“ (http://www.right2water.eu/de), die bis September europaweit Unterschriften sammeln will, damit das Anliegen auf die politische Agenda der EU-Kommission gesetzt werden muss als auch die Position des Deutschen Städtetags, der sich eindeutig für den Verbleib der Wasserversorgung in öffentlicher Hand ausgesprochen hat, unterstützen.