Die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN im Rat der Stadt Nideggen stellt zur nächsten Sitzung des Ausschusses für Schule, Bildung, Soziales und Jugend den Antrag auf Einrichtung eines Kinder- und Jugendparlamentes.
Beschlussvorschlag:
Nideggen richtet zum 01.01.2022 ein Kinder- und Jugendparlament ein.
Das Parlament erhält einen eigenen Etat für seine gewünschten Maßnahmen in Höhe von 5.000 €.
Die Verwaltung trifft alle erforderlichen Maßnahmen für eine freie und demokratische Wahl von Jugendlichen zwischen 10 und 18 Jahren.
Begründung:
Kinder und Jugendliche sollen frühzeitig dazu motiviert werden, sich aktiv an der Gestaltung ihres Lebensraumes zu beteiligen. Dieses ist möglich, wenn sie von den Verantwortlichen auch zur Mitgestaltung aktiviert und aufgefordert werden. Ein möglicher Rahmen für diese aktive Mitgestaltung bietet ein Kinder- und Jugendparlament.
Diese Form der Mitgestaltung bedeutet darüber hinaus, dass die Beteiligten sich stärker mit ihrem Wohnumfeld identifizieren, dem Wohnort als engagierte Mitglieder erhalten bleiben und es wird vor allem das Interesse an Kommunalpolitik geweckt. Gerade die Kommunalpolitik ermöglicht den Kindern eine Erfahrbarkeit ihrer Wirksamkeit, denn wenn sie z. B. einen Antrag für eine Schaukel für den nächstgelegenen Spielplatz erfolgreich eingebracht haben und in absehbarer Zeit ihre selbst beschlossene Schaukel bespielen können, erfüllt sie das mit Stolz und sie erkennen, wie wichtig Politik ist und wie sehr es ihr persönliches Lebensumfeld beeinflussen kann.
Die Auswirkungen unserer Politik, die wir im Rat beschließen, hat große Auswirkungen auf zukünftige Generationen. Warum sollen diese dann nicht auch ihre Wünsche und Bedürfnisse mit einem eigenen Haushaltsrahmen gestalten? Der Gewinn für die Kinder und Jugendlichen wäre immens: sie gestalten ihr Lebensumfeld mit und sorgen für ihre Zufriedenheit, sie erfahren Selbstwirksamkeit, was ihre Persönlichkeiten stärkt, sie lernen Demokratie und Verantwortung zu übernehmen und der Stadtrat wird über diese Maßnahme seinem Auftrag in der Kinder- und Jugendpolitik in einem stärkeren Maße gerecht.
Was ist der Status quo? Erst ab 16 Jahren sind Jugendliche berechtigt, bei der Kommunalwahl über ihre Zukunft mitzubestimmen. Die Interessen jüngerer Menschen bleiben so gut wie ungehört. Gewählte Erwachsene maßen sich an, über alle Probleme und Bedürfnisse dieser Altersgruppe Bescheid zu wissen. Woher sollen die Kinder wissen, an wen sie sich mit Verbesserungsvorschlägen wenden können? Bei der Beteiligung bei den Wahlen wird ihnen zudem nicht zugetraut „gut“ zu wählen. Vor allem durch eine frühe Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen in politische Prozesse werden sie gezielt auf die mündige Wahlentscheidung vorbereitet, da sie die Prozesse kennenlernen, um die Wichtigkeit dieser Wahl Bescheid wissen und Akteur*innen besser kennen und einschätzen können. Eine positive Demokratieerfahrung in jungen Jahren wird sie für ihr Leben prägen. Während der Corona-Pandemie sind den Kindern und Jugendlichen Freizeit-, Bildungs- und Beratungsmöglichkeiten genommen und eingeschränkt worden. Zu unseren Lebzeiten war es wahrscheinlich noch nie so wichtig, eine Generation mit in den politischen Prozess einzubinden.
Dass von der Verwaltung und von den meisten Fraktionen bisher unterstützte Konzept des „Jugendpolitiktags“ ist ein Element zur Stärkung der Demokratiekompetenz von Jugendlichen und sollte als Maßnahme beibehalten werden. Gerade vor Kommunalwahlen sind solche Einblicke in unsere Arbeit wichtig. Positiv an diesem Tag ist die Vermittlung des Ablaufes einer Ratssitzung an zum Teil authentischen Themen. Die Jugendlichen kommen in Kontakt mit Entscheidungsträger*innen und erhalten eine Austauschmöglichkeit. In der letztmalig durchgeführten Ratssimulation haben gerade bei diesem Programmpunkt in der Abschlussdiskussion und Reflexion die Jugendlichen die Chance des Fragestellens und Wünschegebens durch rege Teilnahme genutzt. Doch was ist danach passiert? Wünsche und Anregungen wurden vielleicht umgesetzt, doch von Transparenz und Nachhaltigkeit bei den „echten“ Bedürfnissen dieser Jugendlichen kann leider nicht die Rede sein.
Was brauchen wir nun? Eine Möglichkeit für echte Beteiligungsmöglichkeiten. Kinder und Jugendliche müssen sich in regelmäßigen Abständen versammeln. Die Verwaltung muss die dazu benötigten Räumlichkeiten zur Verfügung stellen. Zudem müssen die Kinder und Jugendlichen ihre Themen selbst wählen und auf die Agenda setzen können. Dem Rat und der Verwaltung obliegen dabei lediglich beratende Tätigkeiten. Wichtig ist auch der Einbezug aller Kinder- und Jugendlichen zwischen 10 und 18 Jahren im Stadtgebiet unabhängig von der Schulzugehörigkeit, da sonst wichtige Perspektiven bzw. Bedürfnisse nicht repräsentiert sind (z. B. durch Nutzung der Rurtalbahn oder Linienbus bei Schulwegen nach Kreuzau oder Düren). Daher sollten alle Kinder und Jugendliche von der Verwaltung eingeladen werden, sich als Kandidat*innen für das kommende Kinder- und Jugendparlament zu bewerben. Dazu sollten im Vorfeld Informationsangebote in den Grund- und weiterführenden Schulen und anderen Ausbildungsstätten im Stadtgebiet (gerne auch darüber hinaus) sowie in allen Ortsteilen gemacht werden. Sinnvoll könnte auch die Nutzung einer eigenen App, die alle Kinder und Jugendliche für die Einbringung von Ideen und Abstimmungen über Projekte des Parlaments nutzen könnten.
Für die weitere Ausgestaltung dieses Jugendparlamentes erklären wir uns als Fraktion gerne zur aktiven Mitarbeit bereit. Sinnvoll wäre es darüber hinaus von den Erfahrungen aus Nachbarkommunen zu profitieren. Daher bitten wir darum, in die Ausschusssitzung nach Möglichkeit eine/einen Vertreter*in der Gemeinde Titz einzuladen oder digital zuzuschalten, um von seinen/ihren Erfahrungen zu berichten. Dort profitiert der Rat schon seit Jahren von der Zuarbeit eines Jugendparlaments.
Es wird Zeit Kindern und Jugendlichen echte Beteiligungschancen zu ermöglichen. Damit respektiert man sie als Mitbürger*innen, gibt ihnen eine hörbare Stimme und die Möglichkeit zur Erfahrung ihrer Selbstwirksamkeit.
Beschluss
aus der 1. Sitzung des Ausschusses für Schule, Bildung, Soziales, Jugend und Sport
der Stadt Nideggen
Frau Gudrun Zentis von der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen führt zu dem Antrag aus und unterstützt
den Alternativvorschlag 2 der Verwaltung. Somit stimmen die Ausschussmitglieder über folgenden
geänderten Beschlussvorschlag ab.
Die Verwaltung wird beauftragt, im zweiten Halbjahr 2021 in diesem Ausschuss sowohl Kommunen mit
eingesetzten Jugendparlament, als auch Kommunen, die Jugendparlamente wieder eingestellt haben,
zur Diskussion einzuladen.
Beschluss: Einstimmig angenommen mit 11 Ja-Stimmen und 1 Enthaltung